Geschichte der Schützenvereine und des Schützenwesens im Kurort Hartha.
Die Geschichte der Schützenvereine ist reich und vielfältig, und sie reicht bis ins Mittelalter zurück. Ursprünglich entstanden Schützenvereine als militärische Organisationen, die dazu dienten, die Bürger zu schützen und die Verteidigungsfähigkeit einer Stadt oder Region zu stärken. In vielen europäischen Ländern, insbesondere in Deutschland, wurden diese Vereine gegründet, um die Schießkunst zu fördern und die Bürger im Umgang mit Waffen zu schulen.
Im Laufe der Jahrhunderte entwickelten sich die Schützenvereine weiter. Im 15. und 16. Jahrhundert wurden sie zunehmend zu sozialen und kulturellen Gemeinschaften. Schützenfeste und Wettbewerbe wurden populär, und die Vereine begannen, sich auch um die Förderung von Brauchtum und Traditionen zu kümmern. Diese Feste sind oft mit Umzügen, Musik und festlichen Aktivitäten verbunden und stärken den Gemeinschaftsgeist.
Im 19. Jahrhundert erlebten die Schützenvereine einen weiteren Aufschwung, als sie sich in vielen Regionen als feste Institutionen etablierten. Sie wurden oft als Teil des bürgerlichen Lebens angesehen und spielten eine wichtige Rolle in der lokalen Gemeinschaft. Die Schützenvereine förderten nicht nur das Schießen, sondern auch die Kameradschaft und den Zusammenhalt unter den Mitgliedern.
Heute sind Schützenvereine in vielen Ländern noch aktiv und bieten eine Plattform für sportliches Schießen, Tradition und Gemeinschaft. Sie sind oft in verschiedenen Disziplinen organisiert, darunter Luftgewehr, Kleinkaliber und Bogenschießen.
Die Vereine tragen zur Erhaltung von Traditionen bei und bieten gleichzeitig eine Möglichkeit für Menschen, sich sportlich zu betätigen und neue Freundschaften zu schließen.
Insgesamt spiegeln die Schützenvereine die Entwicklung von militärischen Organisationen zu sozialen Gemeinschaften wider und sind ein wichtiger Teil des kulturellen Erbes vieler Regionen.
125 Jahre Schützenwesen im Kurort Hartha.
Im Jahre 1899 wurde mit dem Königlich-sächsische Militärverein „Wettin“ Hartha und Umgegend der erste Schützenverein im Ort gegründet. Initiator der Vereinsgründung und späteres Ehrenmitglied war der Besitzer des Kurhauses Hartha, Hermann Lehmann.
Dem Verein gehörten ehemalige Soldaten aus Hartha mit Spechtshausen und Hintergersdorf (ab 1933 Kurort Hartha), Fördergersdorf, Pohrsdorf, Herzogswalde sowie Tharandt an. Die Fahnenweihe fand am 12. Juni 1904 statt. Zu diesem Anlass verewigte sich ein weiteres Ehrenmitglied auf der Fahnenschleife, der Erfinder und Pionier der Dresdner Fotoindustrie Heinrich Ernemann, der einen Wohnsitz in Kurort Hartha hatte. Als Vereinslokale des Militärvereines sind der alte Gasthof Hartha (heute Parkhotel „Forsthaus“),
das Kurhaus Hartha und die heutige Gaststätte „Kirchner“ bekannt. Der Verein verfügte über eine sogenannte „Gewehrkompanie“ in einheitlicher Tracht, die zu offiziellen Anlässen u. a. mit Karabinern Salut schoss und die Vereinsfahne führte. Im Kurhaus Hartha veranstaltete der Militärverein jedes Jahr am 3. Kirmesfeiertag (Dienstag) ein Militärkonzert. Dabei traten die Vereinsmitglieder in den Uniformen auf, mit denen sie beim Militär gedient hatten, ggf. auch hoch zu Ross. So gastierten die Harthaer mit einer Säbel-Reiter-Darbietung auch auf anderen Festen. Der Schießstand des Vereines befand sich hinter der Talmühle Hintergersdorf. Jedes Jahr wurde ein Vogelschießen am Gasthof in Spechtshausen durchgeführt. Des Weiteren ist überliefert, dass der Militärverein die Feuerwerke zu den Sommerfesten im Kurpark auf dem Hartheberg veranstaltete. Im Jahre 1913 ließ der Militärverein einen Gedenkstein zum 25-jährigen Regierungsjubiläum Kaiser Wilhelm II. errichten. Der Stein verschwand nach dem II. Weltkrieg, wurde 1994 wieder aufgestellt und 1999 sowie 2015 restauriert. Ein Bericht der Gemeinde Hartha-Hintergersdorf erwähnt 1929 noch einen Schießclub „Gut Ziel“. In Fördergersdorf bestand außerdem ein Schießklub „Fidele Schützen“. Diese Vereine nutzten ebenfalls den Schießstand an der Talmühle. Im II. Weltkrieg kam das Vereinsleben im Ort zum erliegen, wenn die Vereine nicht schon vorher aufgelöst wurden. Zum Kriegsende waren die Vereinswaffen und die Fahne des Militärvereines bei einem Vereinsmitglied im Gasthaus „Kirchner“ eingelagert und wurden beschlagnahmt. Von der Vereinsfahne des Königlich-Sächsischen Militärvereins ist uns nur die Fahnenspitze geblieben, die in der Gaststätte Kirchner vor den Kriegswirren bewahrt wurde. Lediglich das traditionelle Vogelschießen am Gasthof in Spechtshausen veranstalteten in der DDR die Kleintierzüchter im Rahmen ihrer jährlichen Leistungsschau. An der Zentralen Oberschule Kurort Hartha bestand außerdem für die Schüler eine Möglichkeit zum Luftgewehrschießen bei der GST. Am 10. Oktober 1991 wurde von 20 Schießsportbegeisterten der 1. Schützenverein 1991 Kurort Hartha e. V. in der Grundschule Kurort Hartha gegründet. Gründungsmitglieder waren: Wilfried Göpfert, Rudolf Hamann, Peter Hammer U, Günter Hartmann U, Andreas Hübner, Holger Jakob, Uwe Kaden, André Kaiser, Roland Kaiser, Günter Krause, Gerd Lommatzsch U, Frank Lommatzsch, Olaf Matzke, Frieder Milke U, Rolf Mögel, Erik Mögel, Wolfgang Schiebold, Sven Weller, Bernd Wiede und Matthias Wolf. Nach der Gründung wurde der Verein Mitglied im Sächsischen Schützenbund und im Sportschützenkreis 5 - Dresden und Umgebung - und danach im Landessportbund Sachsen. So wie sich der Sächsische Schützenbund als Nachfolger des Wettiner Schützenbundes betrachtet, sieht sich der Verein in der Schützentradition des Königlich-Sächsischen Militärvereins „Wettin“ Hartha u.U. Dieser örtlichen Schützentradition sowie dem jagdlichen Brauchtum des Tharandter Waldes verpflichtet, gestaltet sich das Vereinsleben mit Schießsport, Brauchtumspflege und Geselligkeit. Auch der Schlachtruf „Gut Schuss“ und das Vereinswappen (Kurfürstentum Sachsen um 1730) sowie die grüne Tracht basieren auf historischen Überlieferungen. Die erste Vereinsfahne wurde in mühevoller Handarbeit von Frau Gertrud Milke genäht und mit dem Wappen bestickt.
Zu den Mitgliedern zählten bald nicht nur Einwohner des Ortes, sondern auch der weiteren Umgebung. Am Anfang trainierten die Schützen noch im Keller der Grundschule mit den alten Luftgewehren der GST. Später wurden diese durch moderne Luftgewehre bzw. -pistolen ersetzt und die Hobby-Armbrust sowie auch das traditionelle Vogelschießen kamen hinzu. Doch seine eigentliche Prägung erhielt der Schützenverein durch das Schießen mit Schwarzpulver-Vorderladern, wofür die Schützen Lehrgänge an der Sprengschule in Dresden besuchten. Zuletzt erweiterte sich das Betätigungsfeld noch auf Klein- und Großkaliberwaffen sowie das Trap-Schießen. Im Mai 1995 konnte ein eigener Vereinsraum mit Luftgewehrschießstand im Dachgeschoss des Feuerwehrgerätehauses eröffnet werden, der schon mehrmals modernisiert wurde. Bis zur Fertigstellung einer eigenen Schießanlage, die im Keller des Vereinshauses „Erbgericht“ entstand, mussten die Sportschützen die Schießanlagen anderer Vereine nutzen. Als dieses Anliegen an den damaligen Gemeinderat von Kurort Hartha herangetragen wurde, bekam der Verein das Angebot, die mit dem Heizungsumbau freiwerdenden Kellerräume des zukünftigen Vereinshauses „Erbgericht“ dafür umzubauen. Nach der Besichtigung entstand ein Projekt für eine unterirdische Raumschießanlage mit zwei Röhren und einem Trefferhaus für Kurzwaffen (25 m). Der Beschluss zum Bau wurde auf der Mitgliederversammlung einstimmig gefasst. Im Dezember 1998 stellte der Verein den Bauantrag und bekam im Einvernehmen mit der Gemeinde im Juni 1999 die Baugenehmigung vom Landratsamt Weißeritzkreis. Bis zum Baubeginn waren jedoch noch viele Wege zu erledigen. Es galt notwendige Gutachten und Angebote einzuholen, die Statik zu prüfen und Finanzierungskonzepte zu entwickeln. Die beste realisierbare Variante wurde schließlich ausgewählt und zielstrebig in Angriff genommen. Die Bauausführung lag in den Händen einer ortsansässigen Baufirma und auch weitere regionale Unternehmen beteiligten sich am Bau. Die Vereinsmitglieder leisteten nicht nur zahlreiche Arbeitsstunden und finanzielle Beiträge, sondern brachten sich je nach Qualifikation, zeitlicher Möglichkeiten und praktischer Erfahrung aktiv und engagiert in das Baugeschehen ein. Nur deshalb war es möglich die Anlage in nur acht Monaten Bauzeit komplett fertig zu stellen. Nach der bauseitigen Abnahme durch das Bauordnungsamt des Landkreises fand am 29. März 2000 die erste schießtechnische Abnahme durch Vertreter des Regierungspräsidiums Dresden und des Ordnungsamtes im Weißeritzkreis statt. Nach Umsetzung einiger geringfügiger Auflagen, ergab die zweite Abnahme am 10. April 2000 keine Beanstandungen mehr. Die feierliche Einweihung der Raumschießanlage,
zu der all diejenigen geladen waren, die den Bau unterstützt haben, konnte am 14. April 2000 erfolgen. Und nach einer Besichtigung für die unmittelbaren Nachbarn der neuen Schießsportanlage, fand am 6. Mai 2000 ein „Tag der offenen Tür“ für alle Einwohner statt. Dabei wurde die Anlage erläutert, Sportwaffen vorgestellt und es bestand die Möglichkeit zum Schießen für jedermann unter sach- und fachkundiger Aufsicht und Anleitung. Auf dieser Anlage etablierte sich ab 2001 das Neujahrsschießen um den Pokal des Ortsvorstehers von Kurort Hartha als Tradition zum Auftakt des Sportjahres. In der Folge wurde ein alter Gewölbekeller im Vereinshaus „Erbgericht“ zu einem rittersaalähnlichen Raum, der „Pulverkammer", ausgebaut und zuletzt eine Küche neben dem Aufenthaltsraum der Raumschießanlage geschaffen und der Aufenthaltsraum erweitert sowie Waffenkammer und Schießstand mehrfach modernisiert. Die wöchentlichen Übungsabende und monatlichen Mitgliederversammlungen in diesen Räumen sind zum festen Bestandteil unseres Vereins geworden, wofür im Sommerhalbjahr auch die „Gruß-Kolonnade“ im Waldpark auf dem Hartheberg mit dem Schießstand für die Hobby-Armbrust genutzt wird. Neben dem Schießsport ist der Verein seit über 30 Jahren aus dem kulturellen Leben der Gemeinde und des Schützenkreises nicht mehr wegzudenken. Dazu gehören seit 1992 das Harthebergfest der Vereine auf der Waldbühne des Kurortes,
ab 1993 anfangs die Pfingstwanderung und bis heute die Wintersonnenwende mit der Ortsfeuerwehr Kurort Hartha, sowie anlassbezogene örtliche Schützenfeste, u.a. mit dem traditionellen Vogelschießen. Weitere Veranstaltungen, welche der Schützenverein kulturell umrahmt, sind Schützenfeste befreundeter Vereine. Zum „Tharandter-Wald-Lauf“ und dem „Crosslauf zum Mittelpunkt Sachsens“ erfolgten lange Zeit die Startschüsse mit Vorderladern. Einen außergewöhnlichen Bekanntheitsgrad bis hin zu Fernsehsendungen erlangte der Verein durch das bekannte „Räuberspektakel Lips Tullian“ im Tharandter Wald, einem touristischen Angebot der Erlebnisgastronomie, das es heute in dieser Form nicht mehr gibt. Außerdem warben die Schützen einst mit ihrer jagdlichen Tracht in sächsischen Fremdenverkehrsprospekten für den „Tharandter Wald - schönster Wald Sachsens“ und „Kurort Hartha - Mittelpunkt Sachsens“. Zum 10-jährigen Bestehen des Vereins 2001, erfolgte die Weihe der neuen Vereinsfahne durch den Präsidenten des Sächsischen Schützenbundes, Prof. Dr. Erich Bauer, und Ortsvorsteher André Kaiser überreichte ein Fahnenband, welches an die Gründung des Schützenwesens im Ort 1899, die Vereinsgründung 1991 und die Fahnenweihe 2001 erinnern soll. Zum Festakt wurden aus den Händen des Fördergersdorfer Feuerwehrkameraden Karlheinz Frenzel, Pokale und eine Schärpe ehemaliger Schützenvereine von Fördergersdorf und Kurort Hartha, sowie von Heiko und Ursel Kirchner aus Kurort Hartha die historische Fahnenspitze der ersten Harthaer Schützenfahne aus dem Jahre 1904 an den Schützenverein zur Traditionspflege übergeben. In der vom Verein inzwischen gepflegten Anlage des Kaiser-Wilhelm-Gedenksteines, wurde 2006 unter Salutschüssen eine Deutsche Eiche gepflanzt, die in Gedenken an den Königlich Sächsischen Militärverein „Wettin“ Hartha u.U., „Wettineiche“ genannt wurde. Am 4. Dezember 2015 nahmen die Deutsche UNESCO-Kommission und die Kultusministerkonferenz das „Schützenwesen in Deutschland“ in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes auf, was am Zugang der Raumschießanlage am Vereinshaus „Erbgericht“ dokumentiert ist. Seit 1993 besteht eine Partnerschaft des Harthaer Schützenvereines mit dem Schützenverein „Glück Auf“ Middels-Westerloog e.V. (Aurich / Ostfriesland), die vom ehemaligen Kurort Harther Einwohner Hein Hummel vermittelt wurde, der in Ostfriesland eine neue Heimat fand. Im Rahmen dieser Partnerschaft gibt fast jährlich gegenseitige Besuche zu den Schützenfesten bzw. Vereinsjubiläen, bis hin zu einem intensiven Erfahrungsaustausch, aktiver Unterstützung und persönlichen Freundschaften. Nach dem Vorbild der Harthaer Schützen gründete der ostfriesische Partnerverein z.B. im Herbst 1994 eine Gruppe mit Schwarzpulver-Vorderladerschützen und mit technischer Unterstützung des Vereines aus Middels-Westerloog konnten die Harthaer Schützen im Mai 1995 ihre erste eigene Luftgewehr-Schießanlage einrichten. Auch in schweren Stunden, wie der Hochwasserflut im August 2002, halfen sich die Schützenfreunde. Ab 1997 gab es auch eine zeitweise Kooperation mit der Märker Schützengemeinschaft 1994 e.V. Dortmund-Aplerbeck, auf die das jährliche Luftgewehr-Preis-Schießen um den Christian-Herden-Gedenkpokal zurückgeht.
André Kaiser